Sehr geehrter Herr Zeidler,
statt vieler eigener Worte sende ich Ihnen den nachfolgenden Ausschnitt aus dem wikipedia-Eintrag zum Werk von Nicholas Georgescu-Roegen, der den Entropie-Satz aus der Physik in die Wirtschaftswissenschaft übertragen hat. Der von mir erwähnte Dr. Christian Schütze bezog sich auf diesen Autor.
Freilich hat eine solche Übertragung nicht mehr die berechenbare Qualität der Physik. Es geht ja auch um eine Analogie, keinen Beweis.
Georgescu-Roegen ging es um die Kritik des Dogmas von der Notwendigkeit stetigen Wirtschaftswachstums, wie es im sog. Stabilitätsgesetz der Bundesrepublik aus den 60er Jahren als Teil des "magischen Vierecks" der Wirtschftspolitik verlangt wird. Wenn wir z.B. die heutige weltweite Verteilung von Microplastik-Partikel betrachten oder eben auch die Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 dann liegt eine Analogie zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik nahe:
Alles noch da, aber nach kaskadischer Nutzung im "entwerteten",
praktisch nicht mehr rückholbaren Zustand.
Alles was Sie hinsichtlich der Solar-Strahlung sagen ist natürlich richtig.
Für den Bereich der eingelagerten mineralischen und fossilen Rohstoffe gilt die Nachschubthese nicht. In dieser Hinsicht haben wir beim Planeten Erde eben mit einem weitgehend geschlossenen System zu tun, das nicht dauerhaft industriell ausgebeutet werden kann.
Dass das Konzept von Braungart sympathisch ist und für die Lösung wichtiger Probleme höchst hilfreich wäre, habe ich in der Diskussion nach meinem Vortrag gerne bestätigt.
Das Verschwendungs- und Vergiftungproblem von heute (vgl. z.B. Feinstaub vom Reifenabrieb und von Bremsbelägen) ist aber mit dem Ansatz totalen Recyclings kaum lösbar. Hier würde nur der radikale Verzicht auf individuellen PKW-Verkehr helfen.
Dass in dem Raum der Gaststätte die Luft knapp wurde, tut mir auch leid. Ich kann aber nichts dafür, dass so viele Leute an dem Abend teilnehmen wollten.
Beste Grüße
Bernhard Suttner
[Der Email angehängt ist folgendes Zitat aus Wikipedia1:]
Thermodynamik und Wirtschaftswissenschaften
Georgescu-Roegen gilt als der Vater der bioökonomischen Theorie und wandte als erster Ökonom den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik und damit auch den Begriff der Entropie in den Wirtschaftswissenschaften an. Er verwies dazu auf Grundlagen aus der Biophysik bei Alfred Lotka und darauf, dass schon 1902 von der naturwissenschaftlichen Seite aus der Chemiker und Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald eine Beziehung zwischen der Thermodynamik und Kulturwissenschaften festgestellte hatte (in Vorlesungen über die Naturphilosophie; siehe auch Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft, 1909).
In seinem 1971 veröffentlichten Buch The Entropy Law and the Economic Process zieht er Parallelen zwischen biologischen und wirtschaftlichen Prozessen, die beide offene Systeme darstellen und das zweite Gesetz der Thermodynamik erfüllen müssen.[3] Demnach kann Energie nach erfolgten Umwandlungsprozessen niemals in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Georgescu-Roegen kritisiert die neoliberalen Ökonomen dafür, dass sie den Umstand ignorieren, dass eine immerzu steigende Ressourcennutzung zu einer Erschöpfung der Erdkapazitäten führen wird.[4] In den Folgejahren seiner Buchveröffentlichung war Georgescu-Roegen ein gerngesehener Gast in Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien, wo er weitere Anhänger seiner Ideen fand. Der von ihm geprägte Begriff „declining state“ wurde ins Französische als „décroissance“ übersetzt. Mit La décroissance (1979) wurde er zum Vordenker der gleichnamigen wachstumskritischen Bewegung, die seine Ideen der Wachstumskritik weiterentwickelte. Im englischsprachigen Raum erregten Georgescu-Roegens Arbeiten hingegen weniger Interesse.[3]
Einen weiteren Beitrag für die Wirtschaftswissenschaften leistete Georgescu-Roegen, indem er ökonomische Produktionsprozesse in seinem Flow-Fund-Modell durch den Input von natürlichen Ressourcen und den Output von Abfall erweiterte, was in der Folge auch von der neoklassischen Umweltökonomie übernommen wurde.[5] Georgescu-Roegen entwickelte mit seiner Arbeit die Grundlage für neue Forschungsdisziplinen wie die Ökologische Ökonomie und die Bioökonomie.[3]
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!